23. Dezember 2018

Was bleibt von 2018? Ein politischer Jahresrückblick auf Bayern



„1918, 1968…2018? Alle 50 Jahre eine Revolution in Bayern!“ – So in etwa begann Katharina Schulze ihre Bewerbung um die grüne Spitzenkandidatur bei der zurückliegenden Landtagswahl. Die Revolution, die in einer historischen Reihe mit dem Epochenjahr 1918 und der 68er-Generation gestanden hätte, blieb jedoch aus. Was bleibt von diesem turbulenten Jahr?

2018 war von einem grundlegenden Konflikt gekennzeichnet. Auf der einen Seite insbesondere viele junge Menschen, die für Klimaschutz und Freiheitsrechte eintreten, auf der anderen Seite diejenigen, die Freiheitsrechte beschneiden wollen und den Klimaschutz blockieren. Dieser Konflikt spitzte sich in Bayern in Richtung des Fluchtpunktes Landtagswahl 2018 immer weiter zu. Erstmals wurde er mit den Protesten gegen das neue Polizeiaufgabengesetz offensichtlich.

Polizeiaufgabengesetz…

Obwohl sich zunächst nur wenige für die Gesetzesnovelle interessierten, ploppte im Frühjahr erst in den sozialen Medien, dann auf der Straße plötzlich eine Bewegung gegen den von der CSU beabsichtigen Überwachungsstaat auf. Das Publikum dieser Demonstrationen war überwiegend jung. Doch die CSU zeigte sich unbeeindruckt. Statt das Gesetz zu entschärfen und damit den Druck herauszunehmen, wurde es im Landtag einfach durchgepeitscht. Zwar hatte die CSU schon zuvor wiederholt den ungarischen Autokraten Victor Orban eingeladen, doch mit dem PAG bekam man nun den Eindruck, man würde den Worten auch kompromisslos Taten folgen lassen. Dieser Eindruck sollte sich in den folgenden Monaten noch verstärken.

…Rechtsruck…

Denn nach dem Beschluss des PAG begann der Sommer, der zu einem der heißesten der letzten Jahrzehnte wurde. Klimatisch sowieso, aber in Bayern auch politisch. Nach Horst Seehofers zynischem Spott über abgeschobene Afghanen und Markus Söders verbalen Ausfällen gegen Geflüchtete wurde immer klarer, was Alexander Dobrindt zu Jahresbeginn mit seiner Forderung nach einer „konservativen Revolution“ gemeint hatte: den illiberalen, deutschnationalen Staat nach Vorbild von Österreich und Ungarn. Eindeutig stellte sich die CSU im Sommer auf diese Seite. Zehntausende standen bei Großdemonstrationen im Juli und September dagegen auf. Weil diese Menschen verstanden haben, dass es um fast alles geht, was unsere liberale Gesellschaft ausmacht.

…und Klimawandel…

Noch etwas anderes geschah in diesem Sommer. Ganz im Westen Deutschlands strebte der Kampf um den Hambacher Wald auf einen vorläufigen Höhepunkt zu. Der Klimaschutz war angesichts von Hitze und Dürre das zweite große Thema dieses Jahres. Es geht darum, ob und wie wir in Zukunft noch auf diesem Planeten leben können. Und wieder zeigte sich, dass es vor allem junge Menschen sind, die endlich Veränderung und echten Klimaschutz fordern!

…beeinflussten die Landtagswahl

Bayern war in jenen Wochen nur noch vom Wahlkampf geprägt. Es war kein normaler Wahlkampf, und auch kein als normal empfundenes Ergebnis. Weder die 17% für die Grünen noch die drei Mandate für die GRÜNE JUGEND Bayern hätte vor einem Jahr jemand für möglich gehalten. Während die CSU sich das ganze Jahr über klar neben die Illiberalen und die Klimaschutz-Gegner*innen stellte, standen wir genauso klar auf der anderen Seite und wurden als die Kraft gesehen, die die zukunftsrelevanten Themen angeht. CSU und Grüne verkörperten genau den Konflikt, der sich in Bayern, aber auch Deutschland während des ganzen Jahres immer deutlicher Bahn brach. Trotzdem bewerteten einige Medien die Wahl für die Grünen als Niederlage, weil es anschließend nicht zu einer Regierungsbeteiligung mit der CSU kam. Hierbei wurde jedoch genau dieser entscheidende Aspekt übersehen. Eine schwarz-grüne Koalition war von vornherein unmöglich, denn auch mit der allergrößten Beweglichkeit und Kompromissfähigkeit kann man zwei völlig gegensätzliche Gesellschaftsmodelle nicht unter einen Hut bringen. Denn es steht die Frage im Raum, wohin wir mit dieser Gesellschaft im Grundsatz wollen.

2019 bietet neue Herausforderungen. Unser Anspruch muss sein, diese Welt radikal zu verändern. Anders werden wir die Klimakatastrophe nicht stoppen, anders werden wir die freie, offene Gesellschaft nicht verteidigen, anders werden wir die Verteilungsfrage im digitalen Kapitalismus nicht bewältigen können. Von 2018 können wir mitnehmen, dass es viele junge Menschen gibt, die diesen Weg mit uns gehen wollen. Und das macht Hoffnung!

Dieser Text wurde verfasst von Sebastian.



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